Großhändler haben alle Hände voll zu tun
Kay-Helge Hercher Wilnsdorf | Kaum einer weiß, dass in dem Industriegebiet auf dem Wilnsdorfer Elkersberg jeden Tag Abertausende von Blumen angeliefert und von dort aus an den Einzelhandel weiter verteilt werden. In zwei großen Hallen offenbart sich dem Besucher des Blumen-Großhändlers „Flora Service Zieten“ ein prachtvolles Blütenmeer. Gerade jetzt, Muttertag steht vor der Tür, hat das gut 40-köpfige Team der Inhaber Martin und Dorothee Zieten alle Hände voll zu tun.
Schon früh am Morgen werden die unterschiedlichsten Blumen auf den Versteigerungsplätzen in Holland und Deutschland eingekauft, verladen und umgehend nach Wilnsdorf gefahren, um dort von vielen fleißigen Händen gebunden und für den Einzelhandel konfektioniert zu werden.
Auch in Zeiten der Corona-Pandemie läuft der Betrieb weiter, allerdings mit ein paar Änderungen in den Betriebsabläufen. Die Belegschaft wurde in drei Teams aufgeteilt, um die Wahrscheinlichkeit für eine mögliche Infektion mit dem Virus zu mindern. Da das Unternehmen eine große Anzahl an Lebensmittelsupermärkten zu seinem Kundenkreis zählt, die nicht von Schließungen betroffen waren, konnte und kann die Krise gut gemeistert werden.
„Für Muttertag sind wir gut gerüstet“, so Martin Zieten gegenüber der SZ. „Die Blumen wurden am Freitag von unseren Fahrern an den Versteigerungsplätzen geholt und stehen ab Samstagmorgen in den Verkaufsstellen. Viel frischer geht es eigentlich nicht“, so der rührige Geschäftsmann.
Die Voraussetzungen für den Handel sehen mittlerweile trotz der Pandemie recht gut aus. Alle Verkaufsstellen haben wieder geöffnet, das Wetter ist prächtig und der Nachschub frischer Blumen gesichert. Zieten hofft, dass es für den Handel ein gutes Muttertagsgeschäft wird und der ein oder andere Blumenstrauß trotz der noch herrschenden Kontaktbeschränkungen seinen Weg zum Adressaten findet – denn Muttertag ist für Blumenhändler einer der wichtigsten Tage im Kalender. Zu keinem Anlass im Jahr werden mehr Blumen verkauft. Auch der Verband des Deutschen Blumen-, Groß- und Importhandels ist zuversichtlich und geht nicht davon aus, dass irgendjemand am morgigen Sonntag auf irgendeine Pflanze verzichten muss.
Doch völlig entspannt hat sich die Lage noch längst nicht. Noch vor wenigen Wochen mussten bei den Züchtern in Kenia riesige Mengen an Blumen direkt nach der Ernte zerstört und entsorgt werden, der Absatz war auf Grund der Corona-Pandemie massiv eingebrochen. Kenia ist nach den Niederlanden der zweitgrößte Blumenproduzent für Europa. Ein großes Problem für die afrikanischen Exporteure stellen immer noch die teils bis auf null reduzierten Flüge dar. Es bleiben nur noch wenige Frachtflüge, deren Kapazitäten dem Bedarf jedoch nicht gerecht werden können. Hier wird ständig daran gearbeitet, mögliche neue Flugkapazitäten aufzutun.
In den Niederlanden sah es nicht weniger schlimm aus. In den Auktionshallen in Aalsmeer, einem der größten Handelsplätze für Blumen überhaupt, bestand noch vor wenigen Wochen die tägliche Arbeit daraus, überzählige Blumen zu vernichten. Unter anderem Dank Muttertag nimmt hier die Nachfrage langsam zu, und der Export zieht wieder an. Am Montag vor Muttertag lag z. B. der Umsatz des Handelskonzerns „Royal Flora Holland“ bei rund 32 Mill. Euro. Das waren nur 3,6 Prozent weniger als am Montag vor dem Muttertag des vergangenen Jahres. Für die Branche ein gutes Zeichen. Vielleicht kann der Blumenhandel davon profitieren, dass die Menschen derzeit weniger in den Urlaub fahren und ein paar Euro für Blumen übrig haben.